GNZ 11.04.2024 Gelnhausen-Hailer/Meerholz (mab). Für die Gegner der geplanten Omegabrücke am Ortseingang von Hailer und Meerholz wird es nun ernst. Am Mittwoch, 24. April, treffen die Bedenken- und der Vorhabenträger im entsprechenden Planfeststellungsverfahren bei einem sogenannten Erörterungstermin in der Jahnhalle Hailer zusammen. Zur Vorbereitung hatte die Bürgerinitiative „Erhalt der K 904“ für Montag zu einem Infoabend eingeladen. Deutlich mehr als 60 Besucher sind erschienen. Sie alle haben eine klare Meinung zum Projekt.
Das Anglerheim in Meerholz war schon komplett gefüllt, und immer noch weitere Besucher stießen zum Infoabend der Bürgerinitiative „Erhalt der K 904“ (BI) dazu. Dabei war die Hauptperson gar nicht dabei. Jonas K. Friedrich, Anwalt der BI, musste den Termin krankheitsbedingt noch am Nachmittag absagen. Lebhaft ging es jedoch auch ohne ihn zu.
Noch nicht alle Einwender haben Einladungen erhalten
Kein Wunder, die Auseinandersetzung um die umstrittene Brücke und den Teilausbau der K 904 geht am Mittwoch, 24. April, in eine entscheidende Phase. Dann treffen um 10 Uhr in der Jahnhalle Hailer die Personen, die im entsprechenden Planfeststellungsverfahren Einwände gegen das Vorhaben erhoben haben, auf den Main-Kinzig-Kreis. Der will die Brücke als Ersatz für den seit November 2023 gesperrten Bahnübergang am Ortseingang von Hailer und Meerholz ab 2026 errichten lassen. Mehr als 480 Personen haben Einwände geltend gemacht. Nur sie dürfen zur Versammlung in der Jahnhalle erscheinen oder eine andere Person dazu bevollmächtigen, ihre Kritikpunkte vorzutragen. Bislang haben allerdings noch nicht alle Verfasser von Einwendungen eine Einladung für die vom Regierungspräsidium Darmstadt moderierte Erörterungsversammlung erhalten. Sollte sich das bis zum entsprechenden Termin nicht ändern, will die BI klären, ob die Sitzung überhaupt rechtsgültig wäre.
Findet die Sitzung statt, werden alle eingegangenen Einwender der Nummer nach aufgerufen; sie haben die Möglichkeit, ihre Kritikpunkte vorzutragen. Das müssen sie aber nicht. „Auch wer nur kommt und nichts sagt, setzt schon ein wichtiges Zeichen“, meinte BI-Sprecherin Lydia Naunheim am Montag. „Es ist wichtig, dass Sie sich nicht das Wort nehmen lassen, auch nicht, wenn schon viele Menschen auf die gleichen Punkte hingewiesen haben“, meinte Bodo Delhey (Bürger für Gelnhausen) am Montag. In der Versammlung wird auch der Main-Kinzig-Kreis Stellung zu den genannten Kritikpunkten beziehen.
Zudem, betonte Delhey, sollten die Einwender auch auf die Erwiderungen des Kreises beziehungsweise von Hessen Mobil, das die Planungen für den Landkreis übernommen hat, eingehen. „Diese Erwiderungen gehen größtenteils pauschal, falsch und unsachgemäß auf die Einwendungen ein.“ So argumentiere das Verkehrsmanagement des Landes ausschließlich auf Basis einer Verbesserung der verkehrlichen Belange. „Unter anderem wird ausgeführt, dass es das Ziel des Vorhabens sei, die vorhandenen Defizite in der Leistungsfähigkeit des Verkehrs und der Sicherheit zu beseitigen.“ Allerdings, betont Delhey, hätte es im Planfeststellungsverfahren nur um einen Ersatz für den Bahnübergang in Form einer Brücke, einer Unterführung oder der Stilllegung der Verbindung gehen dürfen. „Und eben nicht um den mit verkehrlichen Belangen begründeten Ausbau der K 904.“
Die wird auf Seiten Gelnhausens deutlich verbreitert. Die Befürchtung der BI: Ungeachtet der Aussagen des Kreises, dass ein solcher Schritt in den nächsten fünf Jahren nicht beabsichtigt sei, wird auch der Teil auf der Liebloser Seite ausgebaut. Hintergrund ist, wie Delhey erläuterte, eine neue Straßenrichtlinie, die ab einer gewissen Fahrzeugfrequenz zwingend zur Anwendung komme. Im Gespräch mit der GNZ zeigt sich Delhey überzeugt: „Die Planunterlagen hätten von einem ‚Brückenplaner‘ und nicht von Hessen Mobil erstellt werden müssen. Der Kreis hätte die Deutsche Bahn fragen können, welcher Planer für Ersatzbauwerke geeignet ist.“ Dass es nun anders gekommen sei, zeige, was passiere, wenn man den „Bock zum Gärtner macht“. Delhey betont: „Bei Hessen Mobil ist die notwendige Verkehrswende offensichtlich noch nicht angekommen. Hier will man weiterhin Straßen bauen und damit immer mehr Verkehr produzieren, statt den Autoverkehr zu reduzieren.“
BUND, BI und Pflegeheim stellen sich auf Rechtsstreit ein
Und wie geht es nach dem Erörterungstermin weiter? Die Sitzung wird sorgfältig protokolliert, die Unterlagen gehen anschließend zum Verkehrsministerium in Wiesbaden. Von dessen Stellungnahme hängt dann alles ab. Wie Delhey am Infoabend erläuterte, ist zu erwarten, dass das Ministerium versuchen wird, offene Punkte durch Auflagen oder Nebenbestimmungen zu heilen. In der Regel sei zu erwarten, dass die Genehmigung für die Brücke erteilt werde. Dann steht den unmittelbar von den Auswirkungen des Bauvorhabens betroffenen Partien noch der Klageweg offen. Neben der Bürgerinitiative selbst erwägt auch der BUND-Kreisverband Main-Kinzig einen Gang vors Gericht.
Bodo Delhey, selbst Mitglied im BUND, erläuterte am Montag, dass der Landesverband zuerst prüfen werde, ob ein entsprechender Schritt Aussicht auf Erfolg hat. „Kommt er zu einem negativen Ergebnis, gibt es keine Klage.“ Ebenfalls auf eine gerichtliche Auseinandersetzung bereitet sich die Pflegeeinrichtung im Schloss Meerholz vor. Wie deren Leiterin Andrea Behrens am Infoabend betonte, nehme ihr Anwalt Kontakt mit seinem für die BI zuständigen Kollegen auf, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Und: Das Pflegeheim will auch die Stadt Frankfurt mit ins Boot holen. Die ist Besitzer des Meerholzer Areals, das das Heim per Erbrecht gepachtet hat.
Die Pflegeeinrichtung befürchtet nicht nur eine erhöhte Gefahr für ihre Bewohner durch das stärkere Verkehrsaufkommen in der Ortsdurchfahrt, sondern auch eine erheblich gesteigerte Lärmbelastung durch den Ausbau der K 904. Auch während der Bauarbeiten an der Brücke und der Verbreiterung der Liebloser Straße rechnet die Einrichtung mit Einschränkungen. „Zunächst wurde uns eine Entschädigung in Aussicht gestellt, dann eine höhere Lärmschutzwand. Jetzt sollen wird dreifach verglaste Fenster und Klimaanlagen erhalten“, sagte Behrens. Ihre Bewohner hinter verschlossenen Fenstern sitzen lassen – für die Heimleiterin keine gute Option. Der Vorschlag, die Senioren während der Bauarbeiten in einem Hotel unterzubringen, eine noch schlechtere. „Wie soll das für Menschen mit Pflegegraden von 2 bis 5 möglich sein?“
Statt einer 14 Meter breiten Brücke befürwortet die BI eine kleine Unterführung und den Erhalt der Kreisstraße in ihrer bisherigen Form. Beim Infoabend sprachen sich die meisten Teilnehmer dagegen für die sogenannte Nulllösung aus, also die komplette Schließung des Meerholzer Landwegs für den Kraftfahrzeugverkehr, wie sie seit Herbst 2023 de facto bereits besteht. Auch die BI zieht diese Variante der Omegabrücke vor. Zu den Kritikpunkten am Vorhaben des Main-Kinzig-Kreises führen die Gegner an, dass das Projekt wegen einer erforderlichen neuen Abbiegerspur von der Hanauer Landstraße auf die Liebloser Straße auch erhebliche Auswirkungen auf die Ortsmitte hätte, für die nicht zuletzt zahlreiche Bäume gefällt werden müssten. Zudem müssten mehrere Anwohner im Heimatfriedering einen Teil ihrer Gärten für die Verbreiterung der K 904 abgeben. Aus Sicht der BI würde die Brücke zudem zu einem deutlich höheren Verkehrsaufkommen in Hailer und Meerholz führen, was wiederum mehr Lärm und Abgasemissionen bedeute.
Zahlreiche Besucher machten am Montag mit Redebeiträgen ihrer Wut über das Projekt Luft. Dazu gesellte sich Fassungslosigkeit über das Verhalten des Gelnhäuser Stadtparlaments. Dies hatte sich erst im Oktober 2023 mehrheitlich ein weiteres Mal für das Bauvorhaben ausgesprochen. „Die Verschlechterungen betreffen tatsächlich nur die Menschen in Hailer und Meerholz“, versuchte Lydia Naunheim einen Erklärungsversuch. Das wollte eine Zuhörerin nicht gelten lassen: „Eigentlich profitiert nur das Gründauer Gewerbegebiet von der Brücke, die Geschäfte in Gelnhausen werden darunter leiden.“
Delhey schlägt Treffen mit Bürgermeister vor
Delhey machte den Vorschlag, gemeinsam mit dem Pflegeheim, der BI und dem BUND das Gespräch mit Bürgermeister Christian Litzinger zu suchen. Denn wenn die Stadt ihre Haltung zum Vorhaben ändern würde, könnte der Main-Kinzig-Kreis seinen Antrag zurückziehen.
Stärker als auf einen Rechtsstreit setzen die Gegner der Brücke ihre Hoffnungen also in eine veränderte politische Willensbildung. Ein Besucher machte jedenfalls klar: „Es gibt eine Omegabrücke in Niedermittlau, mit der haben sich die Pendler bereits arrangiert. Auch dank der Westspange ist ein flüssiger Verkehr gegeben. Falls die Brücke gebaut wird, ist das erst in sechs Jahren der Fall. Bis dahin kennt keiner mehr den Meerholzer Landweg.“
Das sah auch Bodo Delhey so und verwies zudem darauf, dass der bisherige Bahnübergang bereits seit dem Herbst geschlossen ist. „Das befürchtete Verkehrschaos ist jedenfalls ausgeblieben.“ Und was ist, wenn das 20-Millionen-Euro-Projekt ab 2026 tatsächlich gebaut wird? „Die Brücke würde dann nur noch als eines betrachtet werden, als eine gigantisch Steuerverschwendung“, meinte ein Besucher unter dem großen Applaus der Teilnehmer.
Quelle: GNZ vom 11.04.2024, Foto: Abel