Die Sitzung des Bauausschusses in der Jahnhalle Hailer (GNZ 20.11.2017)

Gelnhäuser Neue Zeitung, 22. November 2017

Die Sitzung des Bauausschusses in der Jahnhalle in Hailer stößt bei den Bürgern auf großes Interesse

Gelnhausen (mb). Im Auftrag des Main-Kinzig-Kreises plant Hessen Mobil derzeit eine sogenannte Omega-Brücke zur Beseitigung des schienengleichen Bahnübergangs bei Hailer-Meerholz. Der Widerstand gegen das Projekt ist groß, wie nicht zuletzt bei der emotionalen Sitzung des Bauausschusses am Montagabend deutlich wurde. Die Mehrheit der mehr als 200 anwesenden Bürger zeigte sich nicht einverstanden mit den Plänen, die Vertreter von Bahn, Hessen Mobil und dem Main-Kinzig-Kreis präsentierten.

Statt einer Überführung der Kreisstraße 904 fordern zahlreiche Bürger aus den beiden Stadtteilen eine Unterführung. Der neutrale Beobachter, der sich am Montagabend ein persönliches Bild von der Sachlage machen wollte, wird sich zu Beginn verwundert die Augen gerieben haben. Bodo Delhey, Fraktionsvorsitzender der „Bürger für Gelnhausen“ und Vorsitzender des Bauausschusses, wollte eigentlich einen Überblick über die lange Geschichte der Planungen geben, die mit einem Beschluss der Gelnhäuser Stadtverordneten im Jahr 1999 offiziell begann. Stattdessen arbeitete er in seinen einseitigen Ausführungen heraus, warum in seinen Augen eine Unterführung besser geeignet sei als eine Überführung.

Das rief am Ende seines Vortrags den Protest des Grünen-Fraktionsvorsitzenden Bernd Wietzorek hervor, der Delhey vorwarf, als Vorsitzender des Ausschusses seine Neutralitätspflicht verletzt zu haben. Bodo Delhey strich in seinen Ausführungen heraus, dass eine Unterführung die umweltfreundlichste Variante sei. Hessen Mobil lehne diese Lösung jedoch aus verkehrsplanerischen Gründen ab, „da damit nicht alle seit den 70er Jahren geplanten Trassen der K 904 quer durch das Tal realisiert werden können“.

Dies, so Delhey, gehe nur mit der Omega-Brücke. Nach deren Errichtung wolle die Behörde in einem zweiten Schritt eine dieser Straßenvarianten realisieren, um die Strecke nach Lieblos für den Schwerlastverkehr tauglich zu machen.

„Bei uns soll zusätzlicher Verkehr mitten durch die Ortschaft geführt werden“, klagte er an. Eine Unterführung sei zudem preiswerter als eine Überführung und ziehe kein langwieriges Planfeststellungsverfahren nach sich.

Außerdem stellte er klar, dass eine solche Lösung keine massive Beeinträchtigung des Grundwassers nach sich ziehe und eine Neuplanung den Ausbau der Bahnstrecke nicht verhindern werde.

Die Beeinträchtigungen durch eine Omega-Brücke seien hingegen gravierend: Eine Zunahme des Verkehrs und dadurch bedingte Lärm und Schadstoffemissionen, eine Versiegelung von 5 000 Quadratmetern Fläche und der Verlust von Retentionsraum im Überschwemmungsgebiet waren drei der Punkte, die Delhey unter Berufung auf den „Landschaftlichen Begleitplan Planungsgruppe ZEG“ anführte.

Zur aktuellen Planung an der K 904 konnte die Bahn nicht viel beitragen. Bert Bohlmann, Projektleiter der DB Netz AG für den Ausbau Hanau – Würzburg/Fulda, machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass die Beseitigung des schienengleichen Bahnübergangs Hailer-Meerholz im Zuge des geplanten Ausbaus der Bahnstrecke alternativlos sei. Er betonte aber auch, dass es der Bahn im Prinzip egal sei, ob die K 904 unter oder über den Gleisen die Bahnstrecke kreuze. „Wir sind die Verursacher für die Baumaßnahme, aber die Planung obliegt nicht uns“, sagte Bohlmann.

 

Matthias Zach, Verkehrsdezernent des Main-Kinzig-Kreises, wies zu Beginn seiner Ausführungen darauf hin, dass Delhey „einiges nicht ganz korrekt“ dargestellt habe. Die Wahl der Vorzugsvariante habe sich aus einer Reihe von Bewertungskriterien ergeben, von denen das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsstudie nur eines gewesen sei. Weitere Aspekte seien unter anderem die raumstrukturelle Wirkung, die verkehrliche Beurteilung und die Wirtschaftlichkeit gewesen. Da das Planfeststellungsverfahren eine lange Zeit geruht habe, würden die für den Bau erforderlichen hydrologischen und umweltschutzrechtlichen Gutachten überarbeitet beziehungsweise neu erstellt, auch für das Schutzgebiet Wassergewinnung Hailerer Aue.

Zach betonte auch, dass der Main-Kinzig-Kreis das Verfahren in der Folge eines Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung beantragt habe. „Somit ist vom politischen Willen auszugehen, die Variante einer Überführung umzusetzen. Sollte die Stadt anders entscheiden, wird der Main-Kinzig-Kreis eine Omega-Brücke gegen den Willen von Gelnhausen sicherlich nicht durchdrücken.“ Das Risiko dabei sei, dass dies eine Schließung des Bahnübergangs Hailer-Meerholz zur Folge haben könnte.

Ein Großteil der Zuhörer kommentierte dies mit lautem Beifall. Der wurde noch lauter, als ein Bürger feststellte: „Wir wollen keine Brücke!“

In Bezug auf die von Delhey angesprochenen „Enteignungen“ von Grundstücksflächen erklärte Zach, dass man sich mit den betroffenen Anwohnern finanziell einigen werde. Dem widersprach ein betroffener Anwohner: „Ohne die Menschen zu fragen, von Enteignungen zu sprechen, ist eine bodenlose Frechheit. Von meinem Grundstück werden Sie nichts bekommen!“

Den von Delhey ins Spiel gebrachten weiteren Ausbauplänen erteilte Zach eine klare Absage: „Es existieren keine Planungen, die eine Veränderung oder den Ausbau der Kreisstraße 904 nördlich der Bahnlinie vorsehen. Der bisherige Straßenverlauf bleibt erhalten.“ Südlich der Bahnlinie seien lediglich ein Gehsteig sowie ein Radweg vorgesehen.

Jürgen Heiß, der bei Hessen Mobil für das Projekt zuständig ist, wies darauf hin, dass die von Delhey präsentierten Unterlagen veraltet seien.

„Diese Planungen sind längst gestorben“, betonte er. Die einzige Aufgabenstellung sei die Beseitigung des schienengleichen Bahnübergangs. Und selbst wenn in einem zweiten Schritt ein weiterer Ausbau geplant wäre – was definitiv nicht der Fall sei, wie auch Zach noch einmal unterstrich –, dann würde das ein neues Verfahren nach sich ziehen.

„Ich kann ja nicht wissen, dass Herr Delhey auf Pläne von 1980 zurückgreift“, reagierte er auf den Einwurf aus dem Publikum, warum der Kreis die aktuellen Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt habe. Delhey sprach in diesem Zusammenhang von „aktualisierten Plänen“. Das wiederum wollte Heiß so nicht stehen lassen. Mehrfach und zuletzt leicht genervt verwies er darauf, dass nichts aktualisiert worden sei und die Unterlagen aus dem Planfeststellungsverfahren von 2006 stammten.

Heiß widersprach Delhey auch in Bezug auf die Kosten der beiden Varianten.

Eine Unterführung sei teurer als eine Brücke, da dazu der Bau einer wasserdichten Wanne notwendig sei, die außerdem eine ständige Wartung der Pumpwerke für die Entwässerung mit sich bringen würde. Diese Wanne sei auch der Grund dafür, dass der Eingriff in die Natur bei einer Unterführung größer sei.

„Wenn ich nur die positiven Punkte auswähle, komme ich auch zu dem Ergebnis, dass eine Unterführung sinnvoller ist“, sagte Heiß in Richtung Delhey.

„Wir haben aber alle Aspekte beleuchtet und sind zu einem anderen Resultat gekommen.“

Generell sei es aber noch möglich, erklärte er auf Nachfrage von Kolja Saß (FDP), auf eine Unterführung umzuschwenken, was allerdings mit einer zeitlichen Verzögerung verbunden sei.

Der Bauausschuss stellte noch einigen Klärungsbedarf fest, unter anderem in Bezug auf die Kosten der beiden Varianten und die Betroffenheit der Anwohner, und verständigte sich darauf, noch einmal über das Thema zu beraten.

Auf Antrag von Gerhard Brune (SPD) wurde die Sitzung beendet, ehe die Bürger weitere Fragen stellen konnten.

Das Schlusswort war Bürgermeister Daniel Glöckner vorbehalten, der sich während der Sitzung bedeckt gehalten hatte und auf Aufforderung ans Mikrofon trat. Der Abend habe gezeigt, dass Transparenz am wichtigsten sei. Er kündigte an, sich mit den Verantwortlichen des Projekts und dem Magistrat zusammenzusetzen, um zu einer gütlichen Einigung zu kommen. Dabei müsse man sehen, ob auch eine andere Planung zum Zuge kommen könne. „Wir müssen das Thema erneut angehen, um einen Konsens, eine Lösung für alle, zu finden“, sagte Glöckner. Wie diese aussehen könnte, ließ er indes offen.